Wie du lernst „Nein“ zu sagen!

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Kennst du das auch? Du windest dich schon innerlich und würdest wohl lieber in eine Badewanne voller Eiswürfel springen statt zuzustimmen, alles in dir schreit „NeeeeeeeeNeeeeee ganz bestimmt nicht!“ und was hörst du dich selbst sagen: „Ja, ist in Ordnung!“

Aber woher kommt es, dass es so vielen Menschen in allen Altersgruppen schwer fällt, auch mal „Nein“ zu sagen? Am Besten, wir machen uns erst einmal darüber Gedanken, warum wir uns nicht trauen auch mal zu widersprechen oder abzulehnen:

Du willst immer nett sein

Wer selten widerspricht gilt generell als höflicher, sympathischer und natürlich unkomplizierter. Wenn du dich anderen Meinungen anschließt, statt deine zu vertreten, wirst du für die meisten ein angenehmer Zeitgenosse sein.   Du wirst nicht negativ auffallen, bist sicher allseits beliebt.  Genauso verhält es sich, wenn dir etwas offeriert wird, du beispielsweise eingeladen wirst – viel öfter sagt man dann wie selbstverständlich „Ja“, obwohl man vorher nicht mal überlegt hat, ob man das eigentlich will.

Du willst kein Egoist sein

„Kannst du mir mal einen Gefallen tun?“, „Meinst du, du kannst…“, sicher kennst du diese Fragen? Wer darauf mit „Nein“ antwortet, gilt ganz schnell als Egoist und nicht hilfsbereit. Also sagst du sicher oft ganz unüberlegt zu, denn genauso bist du ja auch erzogen und konditioniert worden.

Du willst nicht verletzen

Aber es gibt auch die Situationen, in denen du etwas offeriert bekommst. Eigentlich ein nettes Angebot, eine Einladung oder dergleichen. Vielleicht fühlst du dich aber einfach nicht in Stimmung oder möchtest lieber etwas ganz anderes? Oft traut man sich dann nicht abzulehnen, aus Angst den anderen zu verletzen oder vor den Kopf zu stoßen.

Die Benefits der Ja-Sager

Fassen wir also zusammen: Du bist nett, hilfsbereit und gutmütig. Jeder wird dich schätzen, denn du erledigst auch mal eine Aufgabe mehr ohne zu murren. Du bist für alles zu haben und würdest dein Umfeld niemals enttäuschen. Glückwunsch!

Aber wieso liest du dann diesen Artikel?

Mal ganz ehrlich: Jeder kennt Menschen oder Situationen, in denen es einfach schwer fällt nein zu sagen… Sei es in dem kleinen Feinkost-Geschäft, in dem du so viel probieren durftest, bei der Frage ob gar nichts kaufen möchtest… Oder vielleicht auch in der Familie, wenn du eigentlich gar keine Lust auf den Sonntagsbraten-Besuch hast und trotzdem einfach zusagst. Ganz beliebt auch die Situation im Job: Dein Kollege oder deine Chefin bittet dich um etwas, du wirst also wieder mal Überstunden machen, obwohl du dich so auf deinen Feierabend gefreut hattest.

Hast du dann wieder einmal „Ja“ gesagt, obwohl du es nicht wirklich wolltest, geistert dir dieser Moment sicher noch eine Weile im Kopf rum, vielleicht ärgerst du dich sogar richtig über dich. Ehrlich reagieren fällt wahnsinnig schwer – über dieses Thema kannst du auch hier etwas lesen: Ehrlichkeit im Alltag – Fluch oder Segen?

Die Fähigkeit, das Wort Nein auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit.

-Nicolas Chamfort

Stell‘ dir vor, du würdest einfach mal „Nein“ sagen

Um bei den genannten Beispielen zu bleiben: Du durftest also in dem Delikatessen-Geschäft alles probieren, die eifrige Verkäuferin holte immer mehr Probierhäppchen hervor und nötigte dich geradezu all diese Köstlichkeiten zu kosten, während ihr leidenschaftlich über diverse Pastetchen und Oliven debattiert habt .

Gehst du nun aus dem Laden ohne etwas zu kaufen, hast du sicherlich ein schlechtes Gewissen.

Vielleicht brauchst du das aber gar nicht zu haben und die Verkäuferin war einfach nur froh über diese nette Abwechslung und hat nie von dir erwartet, dass du auch etwas kaufst… Daran schon mal gedacht?

Pro und Contra für „Ja“ oder „Nein“

Sagst du den Familien-Besuch ab, sorgst du vielleicht tatsächlich für eine gewisse Enttäuschung. Es kann ja gut sein, dass du noch so gut wie nie abgesagt hast und dies eine völlig neue Erfahrung für deine Familie ist.

Überlege dir doch einfach mal die Pro- und Contra Punkte von „Ja“ und „Nein“: Sagst du „Ja“, hast du zwar alle Erwartungen erfüllt, bist aber vielleicht an dem Tag richtig schlecht drauf, weil du von vornherein schon keine Lust hattest. Eventuell bist du sogar ein bisschen sauer – am meisten auf dich selbst.

Sagst du „Nein“, wirst du wahrscheinlich eine Reaktion erleben, die nicht so positiv ausfällt, wirst eventuell mit Enttäuschung oder sogar Unverständnis konfrontiert. Das ist nie schön und vielleicht fällt es dir leichter, dich selbst zu übergehen und zu enttäuschen, als Andere.

Lohnt es sich „Nein“ zu sagen?

Aber weil du sicher schon oft in den Situationen warst, in denen du dich geärgert hast, weil du eben nicht NEIN gesagt hast, lohnt es sich darüber nachzudenken, wie es dir in Zukunft leichter fallen könnte, auch mal nein zu sagen. Diese Grübelei wieso du nun doch 100€ in dem Delikatessen-Geschäft ausgegeben hast, obwohl du nur mal kurz schauen wolltest, tut im Endeffekt nicht gut, denn es beeinträchtig in gewisser Weise die Beziehung zu dir selbst. Du hast dich nicht durchgesetzt und nicht nach deinem eigenem Willen gehandelt – und das nur um es jemanden recht zu machen, den du nicht mal kennst!

Selbstliebe durch eine eigene Meinung

Ein großer Vorteil, wenn du auch mal gegen die Norm handelst: Du wirst vor deiner eigenen Courage den Hut ziehen können. Auch wenn es dir schwer gefallen ist, hast du Nein gesagt und dir damit Respekt verdient. Diesen Respekt bekommst du aber nicht nur von dir selbst, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit auch von deinem Umfeld. Du wirst als viel selbstbewusster wahrgenommen werden und nach einiger Zeit auch nicht mehr wegen deiner Gutmütigkeit ausgenutzt.

Du zeigst, dass du dir deines Werts bewusst bist, dies wird auch im Job von Vorteil sein, denn wer weiß, dass du deinen Arbeitstag motiviert, zielstrebig und brillant füllst, wird dich eher weniger um Überstunden bitten. Der Respekt vor dir und deiner Arbeit wird wahrscheinlich sogar mit jedem „Nein“ etwas steigen.

Man kann auch mal „Ja“ sagen

Am Besten du hörst auf dein Bauchgefühl, schließlich muss man nicht immer Nein sagen. Es gibt Momente, da ist es tatsächlich besser nachzugeben oder zuzustimmen. Und natürlich tust du deinem Lieblingsmenschen gerne einen Gefallen, auch wenn du selbst nichts davon hast. Oder du weißt, dass deine Chefin gerade eine schwere Zeit durchmacht und sie dich nicht aus reiner Boshaftigkeit nach deiner Extra-Hilfe fragt – dann tut es auch mal gut Ja zu sagen.

Wichtig ist nur immer wieder, dass du dir auf Dauer nicht selbst schadest, zB. in der Hoffnung auf eine höhere Position auf der Karriereleiter. Respekt solltest du aufgrund deiner Arbeits-Qualität und nicht der Quantität bekommen.

Üben Üben Üben

In der nächsten Situation, in denen du nur aus falscher Höflichkeit etwas tust, was du später sicherlich bereuen wirst – und sei es noch so banal [zB. im Feinkost-Geschäft] kannst du ja einfach an diesen Artikel denken. Dann lässt du dir alles kurz durch den Kopf gehen, wägst ab und fühlst in dich hinein und antwortest dann vielleicht zum ersten Mal mit einem „Nein“.

Tipps zum „Nein“ sagen:

  • Sag nicht „Ja, vielleicht“ oder „Ja, ich überleg es mir nochmal“, denn dies schafft eine Erwartungshaltung, die mit einem „Nein“ nur enttäuschen würdest.
  • Nicht vorschnell „Ja“ sagen, es gibt auch Situationen, in denen du durchaus eine Nacht drüber schlafen kannst und dir diese Zeit auch nehmen solltest.
  • Lieber direkt deutlich machen, dass man noch SEHR unsicher ist und daher noch nichts festes sagen kann, nimm‘ die Bedenkzeit!
  • In der Bedenkzeit kannst du die Situation visualisieren und dich so auf dein mögliches „Nein“ vorbereiten.
  • Nimm eine selbstbewusste und gerade Haltung ein, du kannst auch die Faust ballen, wenn es um das „Nein“ sagen geht. So bestärkst du dich und deine Meinung!
  • Du musst nicht immer alles begründen. Oft rechtfertigt man sein „Nein“ viel zu intensiv, das muss aber gar nicht immer sein. Denn dies führt oft auch zu Notlügen – und die fühlen sich auch nicht gut an.
  • „Tut mir leid, das geht nicht / da kann ich nicht“ oder ein „Ganz lieb, aber nein danke!“ reicht im Zweifel völlig aus.
  • Eleganter ist es, wenn du direkt eine Alternative vorschlägst, das nimmt deinem „Nein“ die Schärfe, dies ist aber kein Muss, sondern nur ein Zugeständnis an dein Gegenüber.

Photo by Kai Pilger on Unsplash

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