Ich teste: Zuckerfrei leben

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Für einen gesunden Lifestyle muss der selbstoptimierte Mensch von heute auf so einiges verzichten: Milchprodukte sind bääh, Weizen macht dumm und Zucker ist gefährlicher als Koks. Ich sage nur „#zuckerfrei“.

Schön und gut, ich übertreibe… Aber wirst du nicht auch überschwemmt von ständig neuen Theorien über die Ernährung?

Meine Gründe:

Bevor der Verzicht von Omas Grundnahrungsmitteln en vogue wurde, musste ich aus gesundheitlichen Gründen das Experiment wagen. Nach monatelangen Bauchschmerzen wurde bei mir eine Laktoseintoleranz und eine Fruktosemalabsorption diagnostiziert.

Laktoseintoleranz: Kennt mittlerweile wahrscheinlich jeder. Die Unverträglichkeit von Milchzucker, welcher besonders in Sahne und Milch, aber auch in Joghurt und ungereiften Käse vorhanden ist.

Fruktoseintoleranz: Eigentlich korrekt „Malabsorption“ bezeichnet die Unverträglichkeit von Fruchtzucker. Dieser ist in fast allen Früchten, vielen Gemüsen, aber auch im normalen Haushaltszucker enthalten. Andere Süßungsmittel wie Honig, Agavendicksaft oder der typische Süßstoff sind ebenso die puren Fruktosebomben.

Angstmacherei?

Heute sehe ich diese beiden Diagnosen etwas differenzierter, denn zumindest die schlechtere Verträglichkeit von Fruktose ist bei jedem Menschen mehr oder weniger vorhanden. Bei einer unerkannten Laktoseintoleranz [hier verstehe ich leider immer noch keinen Spaß, denn diese lässt sich nicht ignorieren und liegt mir in den Genen] gerät die Verdauung mit der Zeit außer Rand und Band, da ist die sowieso schwer verträgliche Fruktose nur noch ein weiterer Übeltäter.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe mich lange Zeit gezwungen komplett auf Zucker zu verzichten, wie es mir damit ergangen ist – und wie ich es heute handhabe, möchte ich dir nun erzählen.

zuckerfrei und ich

„Krass, ich habe diese Laktoseintoleranz wirklich! Jetzt weiß ich, wofür es diese komischen Minus-L-Produkte neuerdings im Supermarktregal gibt!“

So oder ähnlich ging es mir, als ich die Diagnose meiner Unverträglichkeiten bekam. Damals hat noch nicht jeder [aus verschiedensten Gründen] auf Laktose oder Zucker verzichtet und auch Veganer kannte man nur aus der Zeitung. Und nun auch noch diese komische Fruktose-Geschichte:

Heißt das, ich darf nie wieder Obst, Desserts und Süßigkeiten und nur wenig Gemüse essen?

So war es dann tatsächlich: Ich kaufte mir erstmal zwei Ratgeber mit einer Liste der verbotenen Lebensmitteln und Rezepten. Da ich keine Lust mehr auf die ewigen Bauchprobleme hatte, hielt ich mich stoisch an die Vorgaben. Was das für meinen Alltag bedeutete, war mir damals noch nicht so klar.

Ein Blick in den Supermarkt

Wie ein Detektiv las ich nun jede Inhaltsangabe auf den Packungen im Supermarkt durch. Auf dem Markt, beim Bäcker oder Metzger traute ich mich nicht mehr zu kaufen – zu groß war meine Angst, dass ich aus Unwissenheit der VerkäuferInnen ein „verseuchtes“ Produkt essen könnte.

Ich konnte es nicht fassen: Zucker ist so gut wie überall enthalten!

Natürlich war mir klar, dass ich auf Kuchen, Süßigkeiten und Obst weitestgehend verzichten muss.  Auch meine geliebten Tomaten und damit viele meiner Standardgerichte waren aufgrund der enthaltenen Fruktose tabu.

Aber das auch in der Salami, den Bratwürstchen oder scharfem Senf Zucker enthalten ist? Besonders in billiger produzierten Lebensmitteln finden sich gleich mehrere Zuckerarten, nicht nur Laktose, sondern auch Glukose-Fruktose-Sirup, da diese Geschmacksträger sind und so gut wie nichts kosten.

Aber auch in den guten Biobrötchen und vielen anderen, herzhaften Produkten findet sich Roh-Rohrzucker. Dieser ist zwar nicht so ungesund, wie die anderen Süßstoffe, aber für mich trotzdem tabu.

Auswärts essen? Ein Spießrutenlauf

Besonders unterwegs fiel es mir enorm schwer etwas essbares zu finden. Beim Bäcker fällt 99% der Ware weg, ein schneller Apfel – unmöglich. Einfach alles, was für mich leicht erreichbar war, durfte ich nicht essen. Und im Restaurant blieb oft nur der Salat mit Essig und Öl, denn im Dressing ist so gut wie immer Zucker oder auch Milchprodukte.

Du merkst es schon an meiner Schilderung: Ich hätte niemals freiwillig auf Zucker verzichtet. Zwar war ich nie ein Süßmaul, aber dadurch, dass ein wirklich strenger Zuckerverzicht auch herzhafte Produkte einschließt, war mein Speiseplan zu klein geworden, dass ich manchmal verzweifelt bin.

Zu Risiken und Nebenwirkungen

Da ich nicht auf alle Kohlenhydrate, sondern explizit auf Glukose [Haushaltszucker], Fruktose [Fruchtzucker] und Laktose [Milchzucker] sowie Süßungsmittel verzichtet habe, konnte ich keine Nebenwirkungen oder Entzugserscheinungen feststellen. Mein Körper hatte ja durch die  Kohlenhydrate, zum Beispiel im Brot,  genug Energiezufuhr.

Die Umstellung im Alltag war die größte Herausforderung: Aus Alternativlosigkeit fing ich an, überall Mais- oder Reiswaffeln zu essen… Wenn mein Magen in der Vorlesung knurrte, musste ich laut knuspern, anstatt einen diskreten Riegel oder auch nur einen Kaugummi zu naschen. Peinlich!

Ein neuer Mensch

Damals war der Zuckerverzicht noch nicht in aller Munde, mir war gar nicht bewusst, dass ich damit meinem Körper sogar etwas Gutes tue. Ich nahm natürlich etwas ab, ansonsten bemerkte ich aber keinen Unterschied und war eher genervt als euphorisiert. Gegen meine Bauchschmerzen half der Verzicht nur bei akuten Beschwerden, die direkt mit dem Konsum zu tun hatten. Langfristig gesehen kann ich nur einen Zusammenhang mit der Laktoseintoleranz feststellen. Ob und wie der Verzicht von Zucker bzw. Fruktose [die ja zur Hälfte aus „normalen“ Zucker besteht] mir geholfen hat, kann ich nicht beurteilen.

Und heute?

Mittlerweile sehe ich das mit der Fruktose nicht mehr so streng… Wenn ich zu der Fruktose- oder Zuckerration genug anderes esse, vertrage ich es eigentlich ganz gut. Auf Zucker im Senf achte ich auch nicht mehr.

Aber der jahrelange Verzicht hat mich geprägt: Für mich schmeckt alles unglaublich pappsüß. Normale Desserts sind für mich der absolute Graus. Saftschorlen trinke ich nur homöopathisch verdünnt, weil sonst zu süß. Gleiches gilt für Obst,  Wein und sogar herzhafte Soßen.

Die Benefits

Seit ich auf Zucker bewusst achte, hat mein Zahnarzt schon lange kein Loch mehr entdeckt. Ich habe nie Heißhunger auf Süßes. Man kann mir Berge von köstlichsten Schokoladen oder anderen Leckereien direkt vor die Nase stellen, ich nasche vielleicht ein Stück – dann ist es aber auch wieder gut.
Im Restaurant ist für mich die Weinbegleitung das Highlight, nicht etwa das Dessert. Dies geschieht alles völlig unterbewusst und ohne, dass ich darüber nachdenken müsste.

Aber auch die Enttarnung der industriell und „schlecht“ verarbeiteten Produkte ist aus meiner Sicht ein großer Vorteil und etwas, was ich immer noch wirklich erstaunlich finde. Zucker sollte süßen Produkten vorbehalten sein.

Mein Fazit

Ich würde Zucker nicht verteufeln, Genuss im Leben ist schließlich für das Wohlbefinden extrem wichtig. Aber etwas sensibilisiert zu werden,  schadet nicht. Besonders die industriell verarbeiteten Lebensmittel oder Softdrinks und Saftkonzentrate sind wahre Zuckerbomben. Sparst du dir diese, ist auf deinem Zuckerkonto noch genug Platz für das ein oder andere Dessert oder Stück Kuchen.
Wenn du deinen Zuckerkonsum reduzierst, wirst du sicher auch vieles als süßer empfinden, dies hilft mit Sicherheit auf Dauer gegen die ganz ungesunden Naschereien. Sie werden dir wahrscheinlich auch einfach nicht mehr schmecken.

Meine Tipps für eine zuckerfreie/zuckerreduzierte Ernährung

Photo by Glen Carrie on Unsplash

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