hantwerck, wie es bei Alexa heisst oder eben Handwerk (für alle anderen) ist angesagter, als je zuvor. Gerade durch den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit und der Unterstützung von lokalen, kleinen Unternehmen, die noch echte Unikate produzieren, erlebt Kunsthandwerk ein großes Revival.
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Der Trend zu mehr Individualität
Ein sehr schöner und zeitgemäßer Trend, der vielleicht auch etwas mit der Rückbesinnung nach echten Werten zu tun hat. Es muss nicht immer die preisgünstigste Massenware sein, sondern darf ruhig etwas einzigartiges und fair produziertes sein.
Nicht nur in der Mode ist diese Strömung zu beobachten, sondern auch bei Interior: Die Prints vom schwedischen Möbelriesen werden gegen Drucke von „echten“ Kreativen ausgetauscht und auch Gebrauchsgegenstände, wie zB. Geschirr, kommen nicht mehr immer nur vom Fließband.
Keramik aus Regensburg? Das kann nur hantwerck sein
Ein ganz besonderes Label ist mir bei Instagram aufgefallen: Alexa zeigt dort die wunderschönen Ergebnisse aus ihrem Keramikatelier in Regensburg namens hantwerck.
Dort bietet sie nicht nur ihre handgemachte Ware, sondern auch die beliebten Töpfer Workshops an. Zwei Standbeine mit einem einfachen Produkt: Dem Ton.
Ich durfte ihr ein paar Fragen zu ihrer Arbeit stellen. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an dich, liebe Alexa. Deine Antworten sind nicht nur interessant, sondern sprühen vor Kreativität und Witz!
Wie geht es dir?
Danke der Nachfrage! Mir persönlich geht es momentan „rundumadum“ sehr gut. Ich bin gesund, fühle mich fit, meiner Familie fehlt nichts, beruflich kann ich mich überhaupt nicht beklagen, ich habe tolle Menschen um mich rum und genieße täglich mein erfülltes Leben. Ich habe also alles was ich zum Glücklichsein brauche.
Wie sieht ein klassischer Tag im Hause hantwerck aus?
Vor dem Laden kehren, meinen blauen Kafeniontisch rausstellen, Stromzählerstand notieren, nach Post schauen, E-Mails beantworten, fertige Bestellungen für die Post verpacken, Anrufe entgegennehmen, Papierkram erledigen, Kunden(beratungs)gespräche führen und wenn noch Zeit ist, töpfere ich auch noch ein bisschen. 🙂
Welche Aufgaben (oder Arbeitsschritte) liebst du am meisten? Gibt es auch Aufgaben, die du nie abgeben könntest – und umgekehrt, welche, die du am liebsten für immer outsourcen würdest?
Ich liebe es ganz in Ruhe an der Drehscheibe zu sitzen und neue Formen auszuprobieren. Bei mir ist im Durchschnitt einmal in der Woche Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig wenn ich morgens den Ofen mit der glasierten Ware öffne. Auch nach Jahren ist es immer noch jedesmal spannend und birgt Überraschungen, ob die Glasuren so augeschmolzen sind, wie sie sollten.
Als Workshopleiterin bin ich sehr erfüllt, diese Aufgabe und in gewisser Weise Verantwortung möchte ich nicht abgeben müssen.
Meine Steuererklärung, Onlineshopbetreuung und das ganze Marketingthema könnte ich mir jedoch vorstellen irgendwann mal abzugeben.
Hast du ein Lieblingsprodukt?
Das ändert sich regelmäßig. Genauso, wie ich beinahe täglich wechselnde Lieblingsfarbkombinationen habe. Aber was immer geht, sind bauchige, handschmeichelnde Schälchen für einfach Alles, egal ob Tee, Kaffe, Müsli, Obstsalat, Knabberzeug, … Schälchen brauche ich immer. Die Akkurate in mir jubiliert freilich, wenn das Deckelchen passgenau sitzt, die Tülle einwandfrei gießt und die Teekanne ganz einfach ein wunderschönes Gesamtkunstwerk geworden ist. Ich muss ja immer die ca. 12% Schwindung vom frisch gedrehten bis zum fertig glasierten Stück mit einberechnen. Bei solchen Gesamtkunstwerken bin ich dann auch ein wenig traurig, wenn ich sie verkaufe.
Momentan scheinen Töpferwaren ja ziemlich angesagt zu sein, bemerkst du das auch?
Die Beliebtheit von „handgetöpfertem“ Geschirr bemerke ich freilich sehr. Die Gänsefüßchen sind deswegen da, weil ich tatsächlich auch immer wieder Anfragen danach, auch aus der Gastronomie, bekomme. Ich gehe sehr gerne auf individuelle Kundenwünsche ein, sowas mache ich aber nur sehr ungern. Es ist wirklich sehr schwierig etwas mit Absicht unperfekt, handgemacht aussehen zu lassen… und darüber hinaus ist das ein momentaner Trend. Mein Geschirr soll jedoch den Trend überdauern, da arbeite ich lieber klassisch, schlicht, edel.
Auf Instagram und Co. begegnet mir auch täglich dieses „handmade“. Aber immer Minus 30%. Komisch oder? Solche Preise sind nur möglich, wenn in „Billiglohnländern“ in Massen produziert wird und die Stücke beispielsweise per Hand in die Glasurspritzkabine gestellt werden, dann darf es sich schon „handmade“ nennen. Von dort bis zu meinem Fertigungsprozess, bei dem wirklich ALLES vom Klumpen Ton bis zum Verkauf handgemacht ist, liegen Welten.
Das wissen meine Kunden auch sehr zu schätzen und investieren die gesparten 30% lieber in mein [hantwerck]. 🙂
Der Busenbecher von hantwerck
Aufmerksam auf hantwerck und Alexas wunderbare Arbeit bin ich übrigens durch den Busenbecher geworden: Eine gelungene Kombination aus Kunstwerk und Gebrauchsgegenstand und einfach wahnsinnig sinnlich. Während andere Fließbandprodukte nun auch gerne mit dem weiblichen Busen bedruckt werden, glänzt Alexas Busenbecher durch eine wunderschöne Ästhetik, die im wahrsten Sinne zum Anfassen einlädt.
Liebe Alexa, wie kamst du auf die geniale Idee zum Busenbecher?
Ich erinnere mich vage, dass das wohl eine Mischkalkulationsidee war. Wenn ich Drehkurse gebe, drehe ich immer ein Stück vor. Dieses Becherchen/Schälchen kann ich entweder meiner geschlossen Wertschöpfungskette (der Schlickerwanne) zufügen und wieder aufbereiten, oder ich arbeite weiter daran. Das bedeutet am nächsten Tag abdrehen (stelle dir das wie Drechseln vor) , henkeln usw.
Zudem sind Busen formschön, haptisch interessant und so vielfältig.
Zusammen ergibt das ein einzigartiges, witziges, nützliches, schönes Produkt.
Mittlerweile habe ich, dank aufmerksamen Kunden mitbekommen, dass ich nicht die einzige Busenmodelleurin bin. Umso besser, Busen an die Macht! 🙂
Was waren die wichtigsten Meilensteine in deiner bisherigen Selbstständigkeit?
Zwei Jahre nach der Gründung aufzuhören nebenher im Service zu arbeiten und damit auf „volles Risiko“ zu gehen.
Mich mehr auf meine Fähigkeiten zu besinnen, z.B. mein Wissen in Kursen weiterzugeben und ganz klar die Gründung von Localgirlboss e.V..
Alexas Arbeit rund um Localgirlboss e.V.
In diesem Netzwerk habe ich soooo wahnsinnig viel Neues dazugelernt aus Themenbereichen, die ich lange nicht auf dem Schirm hatte.
Als gelernte Töpfergesellin darf ich nun von anderen Profis lernen und so mein Wissen aufbauen. Jetzt bin ich auch ein bisschen Steuerfachfrau, Marketingexpertin, E-Commerce-Managerin, IT-Spezialistin, und so vieles mehr.
Gibt es in deinem Umfeld und Freundeskreis viele Kreative oder auch Gründer? Oder musstest du auch schon mit Vorurteilen oder Zweiflern umgehen lernen?
Mein Mann ist ebenfalls Handwerker (Steinmetz- und Steinbildhauer), allerdings angestellt. Meine alten Schulfreunde haben alle was „Gscheites“ gelernt. 😉
Da Localgirlboss ein frisch gegründeter Verein ist, verbringen wir unglaublich viel Zeit miteinander. Alle Mitglieder sind selbstständige Unternehmerinnen, ich bin also nicht alleine mit meinen Problemen, Zweifeln, Fragen aber auch Antworten, Freuden und Erfahrungen.
Zweifler haben sich, wenn dann nie mir direkt gegenüber geäußert, dafür war ich mir meiner selbst /meines Weges immer sehr sicher.
Die (unkreativste) Frage aller Fragen…
Was ich jedoch immer wieder von fremden Kunden gefragt werde ist: „Und läuft/rechnet sich das?“, oder „Ist doch schön, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann!“.
Was würdest du diesen Zweiflern oder Miesmachern gerne mal mit auf den Weg geben?
Wie reagierst du darauf? Tief ein- und ausatmen und lächeln oder die Zunge locker lassen?
Würde ich jemals auf die Idee kommen in das Büro von einem, sagen wir mal Steuerfachwirt zu gehen und zu fragen ob es läuft? Nein. Und ja, natürlich läuft es!
Würde ich einen Feuerwehrmann fragen, ob er glücklich mit seinem täglich ausgeführten Hobby ist? Nein. Und nein, Töpfern war nie mein Hobby!
Worauf bist du besonders stolz an dir und deiner Arbeit?
Ich bin darauf stolz mein [hantwerck] ganz ohne Kredit, Schulden und rote Zahlen solide aufgebaut zu haben. Schritt für Schritt Gewinne neu investiert zu haben und immer eine halbe Drehung weiter zu denken.
Auch darauf, dass mich meine intuitive Art bisher nie im Stich gelassen hat und dass ich mich immer wieder traue neues, ungewohntes Terrain zu betreten.
So bin ich quasi von der, im stillen Kämmerlein vor sich hin töpfernden Alexa, zur Unternehmerin Alexa geworden, der es Spaß macht über den Tellerrand hinaus zu schauen.
Jedes einzelne Stück [hantwerck] macht mich stolz, wenn ich in die glücklichen Gesichter der neuen Besitzer schauen darf, wenn ich liebe Nachrichten bekomme und wenn ich spüre, dass ich mehr als nur eine Tasse weggebe.
Mein gesamter Werdegang macht micht stolz.
Wo siehst du dich in zehn Jahren, hast du eine Mission?
Gute Frage, in 10 Jahren bin ich 45 Jahre alt. Meine Kinder werden dann schon längst ihr eigenes Leben führen, vielleicht bin ich dann schon Oma!
Es darf so weiter gehen wie bisher. Ich fühle mich wohl. Vielleicht wachse ich noch mehr und biete einen Ausbildungsplatz an. Meine „Mission“ ist es, diesen tollen Beruf zu zeigen, zu erhalten, zu erklären. Das ist immerhin einer der ältesten Handwerksberufe.
Vielleicht zerplatzt die ganze Blase aber auch und ich darf das Büro des Steuerfachwirtes reinigen. Vielleicht steht in 10 Jahren aber auch dieser Steuerfachwirt bei uns in der Werkstatt und bestellt bei einer meiner Mitarbeiterin seine Weihnachtsgeschenke. 😉
„Schau ma mal dann seng ma scho!“
Auf hantwerck.de findest du eine Auswahl von Alexas Werken, sogar einen kleinen – aber feinen – Onlineshop. Darüberhinaus gibt es die Arbeit der hantwerck Ateliergemeinschaft sowie einen Blog zu entdecken. Auf localgirlboss.de gibt es mehr Infos über den gleichnamigen Verein.
Die schönen Fotos sind übrigens von Petra Homeier, auch ein(e) localgirlboss.
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